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Als mich Ende 1969 Godehard Lietzow in Mailand anrief (wo ich seinerzeit arbeitete) und mich davon unterrichtete, dass er einen geeigneten Laden für eine Galerie "in guter Lage" gefunden hätte – war das die Geburtsstunde der Galerie Lietzow.

In der Charlottenburger Knesebeckstrasse, wenige Schritte vom Kurfürstendamm entfernt, hatte er ein ehemaliges Feinkostgeschäft gefunden, das zu vermieten war. Hier wollte er ein Projekt realisieren, das wir schon 1967 gemeinsam geplant hatten: eine Galerie etablieren, Ausstellungen machen mit Künstlern, die er schon während seiner Tätigkeit als Journalist und Kunstkritiker entdeckt hatte.

Ich kehrte sofort nach Berlin zurück und in monatelanger Eigenarbeit und mehr improvisiert als professionell wurde aus dem Feinkostladen eine Galerie. Am 30. Juli 1970 konnten wir dann die Galerie Lietzow eröffnen. Es war der Beginn einer 20jährigen Öffentlichkeitsarbeit, in der die Galerie in der damaligen Kunstszene eine wichtige und viel beachtete Stellung einnahm. Ein gemeinsamer Kraftakt aus der Position Null heraus. Innerhalb kurzer Zeit gelang es uns eine Institution zu schaffen, die sowohl von Künstlern und Sammlern, als auch von den Kritikern anerkannt wurde.
 
Karl Horst Hartmann
Niemals gab es eine programmatische Festlegung. (→O-Ton Godehard Lietzow) Wir wollten frei sein in der Entscheidung, welcher Künstler ausgestellt werden soll. Die Galerie sollte offen sein für alle Kunstrichtungen, auch außerhalb des "Zeitgeistes".

Die Kommunikationsfreudigkeit des Teams und Godehard Lietzows Gespür für Qualität in der Kunst waren das Entscheidende. Die Galerie bot Künstlern, die uns interessierten und faszinierten ein Forum und Räume, in denen sie ihre Werke zeigen und zur Diskussion stellen konnten.

Die Ausstellungseröffnungen am Sonntagvormittag wurden zum Treffpunkt. An Kunst interessierte Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Kultur (Bildende Kunst, Musik, Theater, Film, Literatur), Museumsdirektoren und deren Mitarbeiter, Pressevertreter und Galerie-Kollegen kamen ins Gespräch.
In der Zeit von 1970-1991 veranstaltete die Galerie Lietzow 195 →Ausstellungen.

Einige Künstler haben im Auftrag der Galerie für ihre jeweiligen Ausstellungen Plakate entworfen, die in der Edition Lietzow als signierte Künstlerplakate herausgegeben wurden. Nicht wenige waren später begehrte Sammelobjekte. Noch lange Zeit nach diesen Ausstellungen konnte man sie vielerorts, besonders in Künstlerlokalen, wiederfinden. Sechs Plakate wurden von einer unabhängigen Jury aus Museums- und Institutionskreisen als "Hervorragendes Künstlerplakat" ausgezeichnet.

Bis 1991 gab die Galerie 50 →Kataloge heraus, in denen Godehard Lietzow oft das Vorwort schrieb. Für in der Auflage begrenzte Vorzugsausgaben schufen die Künstler jeweils eine Originalgrafik. Auch diese Kataloge wurden zu Sammlerobjekten.

Die →EDITION LIETZOW, integriert in die Galerie Lietzow, gab von 1970-1980 128 druckgrafische und plastische Werke der von der Galerie vertretenen Künstler heraus. Diese Kunsteditionen waren ein großer Erfolg und ca. 300 Abonnenten bezogen regelmäßig die Neuerscheinungen. (→O-Ton 2 Godehard Lietzow)

Über viele Jahre haben verschiedene Fotografen die Ausstellungseröffnungen der Galerie Lietzow dokumentiert. Eine Auswahl aus dieser Fotosammlung habe ich in der Seite "→Das Fotoalbum" zusammengestellt.

1992 fusionierte die Galerie Lietzow mit der Galerie Noé und firmierte ab dann als Galerie Hartmann & Noé.

2003 beendete ich dann endgültig meine galeristische Tätigkeit.

Karl Horst Hartmann

[ →das Vorwort als Film ]